Ponte Brolla | © Chris Hauser

Klettern im Süden

26. - 29. Mai 2022

23.11.2022

In der Rubrik Berichte findet ihr ab sofort den ausführlichen Bericht zum Klettern im Süden inklusive unserem Video mit den Highlights. Viel Spaß damit!

Stau? Können wir!

Die Packliste ist abgehakt, habe ich auch alles dabei? Dann auf zum Bergsteigerheim, die anderen warten bestimmt schon!

Mehr oder weniger pünktlich ging es am Donnerstag um 6 Uhr morgens los. Mit insgesamt 16 Teilnehmer starteten wir unsere Fahrt nach Ponte Brolla. Die sonnige Fahrt verlief durch die Schweiz und den Gotthard-Tunnel Richtung Italien. Einziger Haken hierbei war ein schier endloser Stau auf der Autobahn. Aber wir würden unserem Namen nicht alle Ehre machen, wenn wir nicht eine Lösung dafür hätten: Kurzerhand wurden Gitarre und UNO ausgepackt und schon ist der Stau vergessen. Die brütende Hitze allerdings nicht. Nach vielen Schweißperlen, UNO-Rufen und verzweifeltem Kartensuchen im Fußraum löste sich der Stau auf und die Fahrt wurde mit einiger Verspätung fortgesetzt.

Aus dem Auto, über tiefe Canyons und durch das schöne Dorf Ponte Brolla liefen alle munter den Berg hinauf zum ersten Kletterfelsen. Das Gebiet ist in mehrere Segmente unterteilt. Für den Anfang entschieden wir mit einfachen, kurzen Toprope-Routen zu starten, um den dunklen Granit zuerst auszutesten und kennenzulernen. Schnell wurde klar: hier ist es ganz anders als im Donautal. Die Platten waren für viele neu, wurden aber fleißig gemeistert. Die Mutigsten versuchten sich schon recht früh daran, freihändig die einfachen Routen nach oben zu kommen. Mit ein bisschen Übung funktionierte das auch erstaunlich gut.

Nach dem Klettern war der Wunsch nach einer Abkühlung groß. Zum Glück hatte die Schlucht, durch die unser Hinweg führte, noch genug Wasser aus den Bergen. Die Strömung war sehr schwach, das Wasser aber trotzdem kalt – zum Glück! Viel Zeit blieb aber nicht, denn das Nachtlager stand noch nicht.

Der Campingplatz der Wahl lag in Italien, etwa eine halbe Fahrstunde entfernt vom Klettergebiet. Schnell wurden die Autos ausgeräumt und die Zelte aufgebaut, damit endlich gekocht werden könnte. Am ersten Abend servierte Chefkoch Stefan Maultaschen mit Käse, inklusive veganer Alternative – ein wahrer Klassiker unserer Küche, einfach und lecker.

Ein erfolgreicher Anreisetag ging zu Ende – erste Etappe geschafft!

Wie kommst du da bitte hoch?

Der zweite Tag startete schon gut, denn mit selbst gebackenem Brot und eigener Marmelade schmeckt ein Frühstück immer besser. Nutella und Kaba dürfen aber natürlich nicht fehlen. Dann noch Spülen und Zähneputzen, danach ging es schon wieder an den Fels.

Der Plan für Freitag stand schon am Donnerstag: Mehrseillängentouren.
Da schon am Tag davor und im Donautal gut trainiert wurde, funktionierte alles wie geschmiert.

Beim Studieren des Kletterführers wurden vor allem die Älteren auf den Ost-Bereich des Klettergartens aufmerksam. Hier gab es Toprope-Routen, welche deutlich schwerer sein sollten – perfekt, um sich noch ordentlich auszupowern und die eigenen Grenzen sicher auszutesten.
Kurzerhand wurde alles eingepackt und wir machten uns auf den Weg in den genannten Sektor. Auch die leichten Routen bereiteten selbst den größeren, erfahrenen Teilnehmern einige Schwierigkeiten. Aber mit genug Versuchen, etwas Kraft, viel Technik und ein paar Tipps, schafften es einige nach ganz oben. So mussten manche feststellen: Das Klettern am Fels ist doch nochmal etwas anderes als in der Halle, hier muss man seine Griffe suchen und farbig sind sie auch nicht.

Als auch dem Letzten die Kraft ausging, wurde die erfolgreiche Kletter-Session wieder mit dem Baden in der Schlucht beendet. Nach der halbstündigen Autofahrt zurück zum Campingplatz wurde der Bräter befeuert und Würste mit Brot serviert. Die zweite Etappe war geschafft!

Der Weg ist das Ziel - aber wo ist der Weg?

Anders als am Tag zuvor entschieden wir uns, zuerst baden und danach klettern zu gehen. Aber nur ein wenig planschen wäre ja langweilig. Die erste Stelle für Sprünge aus luftigen Höhen wurde schnell gefunden und schon war das Toprope aufgebaut. Als die erste Person dann einen Haken in einem massiven Felsbrocken entdeckte, ging es erst richtig los. Von unten gut einsehbar war die Route nach oben schnell ausgemacht. Niemand wusste, wie schwer diese sein könnte und im Führer stand auch nichts von einer Route in der Schlucht – gut abgesichert war sie aber auf jeden Fall. Schon hat sich Dominik als mutiger Entdecker eingebunden und alles versucht, das Ende zu erreichen. Ab der Hälfte wurde die Route allerdings extrem schwer. Dominik legte eine Pause ein, während Entdecker Nr. 2, Marvin, sein Glück versuchte – ohne großen weiteren Erfolg. Auch Kletterer Nr. 3, Christian, kam nicht weiter. So musste notgedrungen ein Schraubglied geopfert werden, um das Toprope wieder abbauen zu können. Aber Wert war es das allemal!

Auch wenn schon in der Schlucht geklettert wurde, ging es weiter, diesmal zu den Tegna-Platten. Einfache, lange Mehrseillängen waren angesagt, für jeden gab es eine Route. Die Azubis, also unsere Jugendleiter-Anwärter, konnten wir bereits alleine los schicken, und so kamen auch einige Jugendleiter mit 2er-Seilschaften zum Zug. Zwei davon waren sich ihres bevorstehenden Abenteuers zu diesem Zeitpunkt noch in keiner Weise bewusst.

Man mag es nicht glauben, aber auch Jugendleiter können sich verlaufen. Eigentlich legten Chris und Lisa einen super Start hin. Da die Route nicht allzu schwer schien, ging es in sportlichem Tempo nach oben. Die vorherigen Truppen seilten sich bereits ab oder haben den Abstieg zu Fuß gewählt. Die Entscheidung, ob Abseilen oder Absteigen stand bei den beiden noch aus. Der zunehmende Wind und die Wolken auf der anderen Seite des Tals sahen verdächtig aus. Im letzten Drittel der Routen beschlossen sie daher: „Wir laufen runter, das ist sicherer. Nicht, dass wir gerade abseilen und stecken dann im Regen oder gar im Gewitter!“. An sich war das objektiv wohl die richtige Entscheidung. Der Ausstieg stellte auch kein Problem dar. Der Weg danach allerdings schon.

Lange rätselten sie, ob man noch weiter nach oben oder rechts weg muss, ohne einen eindeutigen Weg ausmachen zu können. Die eingezeichnete Linie im Kletterführer war hierbei auch absolut nicht hilfreich. ‚Die anderen Gruppen sind inzwischen bestimmt am Fuß des Felsens angekommen‘, dachten sie sich. Nach kurzem Telefonat war klar: Wenn man immer nach rechts und leicht nach unten läuft, ist man auf dem richtigen Trampelpfad. Ein Fixseil soll auch noch auf dem Weg liegen. Schließlich entschieden Chris und Lisa, einem „Weg“ zu folgen, welcher nicht würdig war, Weg genannt zu werden. „Tierpfad-ähnlich“ würde es wohl eher treffen. Dieser Weg verlief auch immer rechts an der Wand entlang, allerdings nicht wirklich nach unten. Aber da ist ja ein Fix-Seil, wir sind bestimmt richtig! Dennoch ist das Laufen in viel zu engen Kletterschuhen durch einen Urwald nicht gerade sehr angenehm. Die fast schon halsbrecherische Route führte zu einem älteren Paar, welches zum Glück auch noch deutsch sprach.

Jugendleiter: „Entschuldigen Sie, wissen Sie wo hier ein Abstieg ist?“
Herr: „Tut mir leid, wir seilen immer ab. Keine Ahnung.“
Jugendleiter: „Oh man. Aber trotzdem danke.“

Chris graut es schon: „Hier kommt es mir doch bekannt vor. Hier waren wir doch gestern!“ Nach langer Verzweiflung steht fest, es wird abgeseilt. Die Routen sind bekannt und die beiden haben sich gestern schon an dieser Stelle abgeseilt. Sie waren absolut sicher, dass das Seil reichen würde. Dann klingelte das Telefon. Da die Routennamen an der Wand stehen, konnte dann endlich auch der Standort durch die restliche Gruppe ermittelt werden. Ergebnis: die beiden waren ganz am anderen Ende des Klettergebietes angekommen! Da jetzt nichts mehr schief gehen durfte, wurde widerwillig beschlossen, dass die Verlorenen abgeholt werden mussten. Heißt: Alles zurück gehen, die anderen kommen entgegen. So machten sich Chris und Lisa auf den Weg zurück. Nach viel Frustration, Fluchen, Kratzern und Rufen fiel man endlich in die Arme des rot-behelmten Suchtrupps. Nach dem Abstieg unten angekommen war eines klar: Chris und Lisa sind richtig platt! Die Füße schmerzten und so viel Durchhaltevermögen wird selten gefordert. Aussage von einem der Zwei: „Ich hab echt kein Bock mehr!“.

Da es inzwischen recht spät war, trat die ganze Gruppe die Reise zum Campingplatz an. Dort packten die Jugendleiter den großen Kochtopf aus und machten einige Kilo Spagetti – nach der ganzen Aufregung ein lange ersehntes Mahl. Kleine Anmerkung für zukünftige Touren: 8 Liter passierte Tomaten sind für 16 Leute viel zu viel! ;)

Stau? Können wir, wollen aber nicht!

Der letzte Tag der Tour wurde komplett durch die Abreise beansprucht. Geplant war, die Kinder nachmittags wieder Zuhause abzuliefern. Allerdings hatte der Stau, der schon 20 km nach Start der Fahrt begann, andere Pläne. Geschlagene 10 Stunden dauerte die Heimreise. Höhepunkt war ein recht interessantes Manöver über den Grünstreifen: ein Stau bildete sich direkt vor einer Abfahrt einer Schweizer Autobahn. Das Hinterste der drei Autos, gefahren von Dominik, fuhr winkend am zweiten Auto die Ausfahrt entlang. Das zweite Auto schaffte es mit viel Schwung und professionellen Fahrkünsten von Laurenz etwas wackelig über den Grünstreifen ebenfalls zur Ausfahrt. Das resultierende Problem: der Konvoi hatte sich nun aufgelöst. Das verbleibende erste Auto, welches gefahren von Stefan im Stau stand und auch nicht mehr raus konnte, hatte alles an Gepäck dabei. So wurden spät abends alle Kinder nach Hause gebracht und das Gepäck noch später von den Jugendleitern nachgeliefert.

Um 23 Uhr war dann auch endlich das Gepäck wieder zurück und an die Kinder verteilt. So ging für die Jugendleiter ein noch längerer Tag zu Ende.

Alles in allem eine ganz normale Tour!